Eine Investition in moderne Technologien ist immer auch eine Investition in Systeme, Digitalisierung, Menschen und Organisationsstrukturen

Gespräch mit Dr. Elmar Hubner, Managing Director, ROI-EFESO Vienna


DIALOG: Worin besteht der Unterschied zwischen der CapEx-Optimierung und derklassischen Kostensenkung?

EH: Meiner Meinung nach ist es zu kurz gegriffen, CapEx nur unter dem Gesichtspunkt der Kostenreduktion zu betrachten. Investitionen im CapEx-Umfeld können in mehrere Richtungen wirken: Zunächst können Kosten verschoben werden – von variablen zu fixen Kosten – mit dem Ziel, die Summe der Produktionskosten pro Stück zu senken. Gleichzeitig nimmt dadurch aber die Flexibilität gegenüber Mengenschwankungen ab. Das bedeutet, dass hocheffiziente Produktionslinien zwar sehr kostengünstig sind, aber über einen langen Zeitraum zu 100% ausgelastet sein müssen. Zudem ermöglichen Investitionen in einen höheren Automatisierungsgrad die Einsparung von derzeit knappem Personal und erhöhen damit die Attraktivität des Standorts Europa. Und schließlich können Investitionen im CapEx-Umfeld dazu beitragen, die operativen Kosten für den Betrieb von Maschinen und Anlagen zu senken. Für Unternehmen in Europa ist dies derzeit vor allem im Hinblick auf die hohen Energiekosten relevant.

 

DIALOG: Welche Hebel gibt es, um innerhalb dieser Logik CapEx-bezogene Investitionen zu optimieren?

EH: Betrachtet man die Erweiterung der eigenen Produktionskapazitäten, z.B. durch den Kauf neuer Maschinen oder den Bau einer Fabrik, so ergeben sich verschiedene Ansatzpunkte, um die damit verbundenen Investitionskosten zu optimieren. Zum einen kann durch intelligente Fabrikplanung, hohe Auslastung bzw. OEE (Overall Equipment Effectiveness) und besseren Durchsatz der Maschinenbedarf – und damit direkt der CapEx-Bedarf – reduziert werden. 

Zum anderen bietet die Komplexität des Maschinenparks Stellschrauben zur CapEx-Reduktion, z.B. entlang von Fragen wie: Wie hoch soll der Automatisierungsgrad sein? Wie flexibel und modular müssen die Anlagen sein? Hier gilt es für Unternehmen, die richtige Balance zwischen Investitionsausgaben und den späteren operativen Kosten im laufenden Betrieb zu finden. Und schließlich können die Kosten für die Beschaffung der Maschinen durch die Wahl der richtigen Lieferanten optimiert werden.

 

Bis wohin reicht die CapEx-Betrachtung dabei? Geht es nur um Planung und Beschaffung oder geht das noch weiter? 

EH: Es wäre viel zu kurz gegriffen, nur die Anschaffungskosten der Maschinen und Anlagen zu betrachten. Vielmehr müssen bei der Investition auch die Opportunitätskosten berücksichtigt werden, die anfallen, bis eine Linie oder Anlage tatsächlich hochgefahren ist. Dazu gehören die Kosten für die Inbetriebnahme selbst, insbesondere in stark regulierten Umfeldern. Gleichzeitig ist die Zeit vom Kauf der Maschine bis zur tatsächlichen Produktion gleichbedeutend mit entgangenem Umsatz. Je schneller also der 100-%-Hochlauf erreicht ist, desto geringer sind die entgehenden Deckungsbeiträge. In der Optimierung dieser Ramp-up-Phase liegen in den meisten Unternehmen noch enorme ungenutzte Potenziale.

 

Welchen Einfluss haben Prozessinnovationen auf Investitionsentscheidungen im CapEx-Umfeld?

EH: Gerade bei Massenprodukten ist die Prozessqualität im Produktionsumfeld oft ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Die damit verbundenen Investitionsentscheidungen über neue Fertigungsverfahren sind aus CapEx-Sicht von großer Tragweite, da die Prozesse, in die investiert wird, in der Regel über viele Jahre genutzt werden. Unternehmen sollten daher die Innovationszyklen bzw. -sprünge bei neuen Fertigungsverfahren im Auge behalten und sorgfältig abwägen, wann sie in die entsprechenden Technologien investieren. 

 

Inwiefern ergeben sich aus solchen Technologiesprüngen neue Investitionsbedarfe?

EH: Die eine Frage lautet: Wann investiere ich in eine neue Produktionstechnologie? Die andere Frage ist: Was brauche ich, um diese Technologie sinnvoll einsetzen zu können? Denn neue Technologien erfordern in der Regel auch andere Kompetenzen, in die investiert werden muss. Wenn man z.B. eine hochautomatisierte Anlage betreiben will, braucht man entsprechendes Instandhaltungspersonal, das aufgebaut und trainiert werden muss. Diese Anlagen produzieren Daten, mit denen etwas geschehen muss, sonst wird die Investition nicht genutzt. Das wiederum erfordert neue Funktionen und Strukturen in der Organisation. Mit anderen Worten: Die zukünftige Investition in moderne Technologien wird nicht nur eine Investition in eine Anlage sein. Es wird auch eine Investition in Systeme, Digitalisierung, Menschen und Organisationsstrukturen sein.

 

Zählen diese Kosten auch noch zu den CapEx?

EH: Rein buchhalterisch vielleicht nicht. Aber von der Idee her handelt es sich um eine Investition in die Zukunft. Deshalb kann es sinnvoll sein, den CapEx-Begriff an dieser Stelle etwas weiter zu fassen, um zu verdeutlichen, dass es eben nicht nur um den Kauf der Anlage geht, sondern dass es rund um diese Hardware noch einen Strauß von Themen gibt, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen – die aber zum Zeitpunkt der Investition in die Anlage vielleicht noch gar nicht sichtbar oder greifbar sind.

Interview-Partner

Dr. Elmar Hubner, Managing Director, ROI-EFESO Vienna

In mehreren Unternehmensfunktionen realisiert Elmar Hubner mit seinen Kunden organisatorische Veränderungen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Dazu zählen z.B. Transformationsprogramme und Initiativen zur Kostenoptimierung in indirekten Funktionen. Seit 2001 verbesserten mehr als 60 Unternehmen mit ihm ihre operative Exzellenz.