Echte CapEx-Optimierung erfordert den Fokus auf Lebenszykluskosten, CO2-Emissionen und Geschwindigkeit

Gespräch mit Andrea Montermini, Vice President & Managing Director Western Europe, EFESO


DIALOG: Die Perspektive auf CapEx hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Welche Entwicklungen muss man zukünftig im Blick behalten? 

AM: Die Planung und Steuerung langfristiger Investitionen sind in den vergangenen Jahren erheblich anspruchsvoller geworden und diese Entwicklung wird weitergehen. Unternehmen brauchen deshalb ein sehr gut synchronisiertes Modell, um die CapEx richtig zu managen. Dabei geht es zunächst darum, eine generelle Strategie zu entwickeln und mit dem Businessplan des Unternehmens zu vernetzen. Davon ausgehend gilt es, gut informierte Entscheidungen zu treffen – im Hinblick auf die Vermeidung und Reduktion, aber auch das Timing von CapEx. Hier gibt es dann eine Reihe von Stellhebeln zu analysieren. Im strategischen Bereich sind es bspw. die Technologie- und Produktstrategie, das finanzielle Framework, das Ökosystem oder prinzipielle Alternativen zum CapEx-Einkauf.  

 

DIALOG: Woran liegt diese Komplexitätszunahme?

AM: Sicherlich sind die globalen Rahmenbedingungen, die lahmende Konjunktur, die Lage an den Finanzmärkten, die Beschleunigung von Zyklen und häufigere Technologiewechsel wichtige Ursachen. Besonders relevant sind die Dekarbonisierung der Wirtschaft sowie sie begleitende regulatorische Vorgaben. Im Rahmen von CapEx-Projekten müssen deshalb sehr viele Faktoren berücksichtigt werden, die sich heute nur schwer kalkulieren und prognostizieren lassen. Es braucht also Entscheidungsmodelle, um mit fundamentalen Unsicherheiten umgehen zu können. Der Umgang mit CO2-Emissionen ist dafür ein gutes Beispiel: Ist es mittelfristig effizienter, den Carbon Footprint durch CapEx zu reduzieren oder durch andere prozessual orientierte Ansätze? Man muss, um solche Fragen zu beantworten, sehr unterschiedliche Lösungen vergleichen und bewerten können und viele Unsicherheiten in die Kalkulation einbeziehen. Das ist enorm komplex.  

 

DIALOG: Welche Indikatoren müssen unbedingt berücksichtigt werden, um ein nachhaltig erfolgreiches CapEx-Management aufzubauen?  

AM: Es gibt um drei zentrale KPIs, die integriert adressiert werden müssen, um eine holistische Perspektive zu gewinnen. Zunächst stehen die Kosten der CapEx-Ausgaben über den gesamten Lebenszyklus hinweg im Fokus. Der zweite Aspekt ist die mittelfristige Optimierung der CO2-Bilanz. Und schließlich geht es um die Zeit, bis die CapEx wirksam werden, seien es die Investitionen in ein Fabriknetzwerk oder in eine Produktionslinie. 

Diese drei wesentlichen KPIs gilt es, in einer Plattform zu verbinden. Hinzu kommt die digitale Perspektive, durch die dieses System künftig ergänzt werden muss. Diese Faktoren müssen auf zwei Ebenen betrachtet werden.

 

DIALOG: Um welche Ebenen handelt es sich dabei? 

AM: Auf der ersten Ebene lassen sich Strategie und Betriebsmodell verorten, auf der zweiten die konkrete Durchführung der Projekte. Sehr oft steht die zweite Ebene, also Design und Beschaffung von CapEx, stark im Vordergrund. Dadurch lassen sich jedoch nicht alle drei vorher genannten KPIs fokussieren. Auch das lässt sich gut am CO2-Beispiel illustrieren: Unternehmen, die sich intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen und speziell mit ihrem CO2-Fußabdruck befassen, stellen fest, dass sie ihre Investitionsausgaben anders steuern müssen als zuvor. Es braucht ein ganzheitlicheres Vorgehen, neue Stakeholder müssen eingebunden werden, die KPIs müssen weiterentwickelt werden. 

 

DIALOG: Warum reichen die bisher genutzten KPIs nicht aus?

AM: Bei CO2 geht es langfristig um breiter gefasste Ziele als nur Einsparungen. Bewegt man sich entlang finanzorientierter Kriterien, wird kein tragfähiger Business Case entstehen, der sich rechnet. Eine umfassende Erneuerung des Maschinenparks, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren, wird sich in dieser Betrachtungsweise nur sehr langsam auszahlen – wenn überhaupt. Man muss also Governance, Prozesse und Kriterien, nach denen langfristige Investitionen bewertet werden, ändern. Es geht also um einige kritische Themen, die auf strategischer Ebene behandelt werden müssen und die natürlich auch auf der Projektebene entsprechende Veränderungen erfordern, etwa im Kontext von Design-to-Value-Betrachtungen und weiteren Methodologien aus der Produktentwicklung. Mit dieser gehen ja auch die Prozessentwicklung einher, die Entwicklung von Technologien – und damit die CapEx. Auch hier muss die vorher beschriebene Triade „Cost – Carbon – Time“ adressiert werden.  

 

DIALOG: Wie kann diese Vielfalt an Themen zusammengeführt und transparent gemacht werden?

AM: Heute fehlt selbst Unternehmen, die jährlich 200, 300 Millionen Euro langfristig investieren, vielfach die Transparenz darüber, was in diesen Projekten von der Planung bis zur Ausführung passiert. Es fehlen Daten, und es fehlen Strukturen und Dashboards, um die CapEx-Portfolios effektiv zu managen. Hier können digitale Ansätze einen signifikanten Mehrwert bringen. Dieser lässt sich bspw. über die Integration von CapEx-Projekten in zentralen KI-gestützten Plattformen erreichen oder durch die Einführung eines CapEx Control Tower, einer Lösung, die sich in anderen Bereichen bereits bewährt hat.

Interview-Partner

Andrea Montermini, Vice President & Managing Director Western Europe, EFESO

Seit über 25 Jahren ist er als Unternehmensberater tätig: Seine Expertise umfasst die Bereiche Unternehmensplanung und -management, Industriestrategie, betriebliche Optimierung „end-to-end“ über die gesamte Wertschöpfungskette, Produktentwicklung, Transaktionsunterstützung, Produkt- und CapEx-Management sowie kommerzielles und vertragliches Management.