EINE NACHHALTIGE LOGISTIK FÖRDERT INNOVATIONEN
DIALOG: Herr Professor Bick, welche Bedeutung kommt der Logistik bei der Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks zu?
WB: Die Logistik spielt eine Schlüsselrolle bei der ökologischen Bilanz der Wertschöpfungskette und der beteiligten Unternehmen.
Die besondere Komplexität entsteht dabei da- durch, dass typischerweise unterschiedlichste Partner Einfluss auf Struktur und Prozesse in der Logistik haben. In aller Regel hat niemand den vollen und allumfassenden Zugriff auf das gesamte logistische Netz, auf jeden Teilprozess und jedes eingesetzte Verkehrsmittel. Daneben sind auch je nach Ausdehnung des Netzwerks sehr unterschiedliche lokale Voraussetzungen gegeben, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt.
DIALOG: Welche Optionen stehen generell zur Verfügung, um die Logistik nachhaltiger zu gestalten?
WB: Schematisch gesprochen lassen sich vier Typen von Strategien unterscheiden: Vermeiden, Verlagern, Vermindern und Vergüten.
So lassen sich Transportkilometer durch unterschiedliche Ansätze vermeiden: die Nutzung von Transportplattformen zur Koordination von Fahrten, Sharing-Konzepte und auch eine smarte Transportplanung, die zunehmend unter KI-Einsatz erfolgt. Beim Verlagern liegt der Fokus auf der Planung optimaler Verkehrswege, wobei der CO2-Ausstoß, der von der Art der Strecke und des Verkehrsmittels abhängt, als Entscheidungskriterium aufgenommen werden muss. Darüber hinaus lassen sich durch eine höhere Effizienz und Sauberkeit der Transport- mittel und die Nutzung von Telematik ebenfalls positive Beiträge erreichen und die Emission von klimaschädlichen Gasen vermindern.
Schließlich kann ich als OEM auch meine Zulieferer dafür belohnen, dass sie bestimmte ökologische Ziele erreichen. Aber das Instrument ist komplex und in seiner Wirkung letztlich begrenzt. Vergüten und Sanktionieren sind deshalb eher Instrumente der Regulatorik – und auf diese haben Unternehmen keinen direkten Einfluss. Entscheidend bei der Nutzung dieser Hebel ist nicht methodische Perfektion, sondern eine pragmatische Kombination der einzelnen Ansätze.
DIALOG: Die Partner in der Logistik- kette sollten in diese Analyse einbezogen werden?
WB: Unbedingt. Wie eingangs gesagt hat typi- scherweise niemand den vollen Durchgriff auf das Netzwerk. Da muss man schon zusammenarbeiten, um etwas zu erreichen. Das be- trifft übrigens auch die Zusammenführung der Daten im gesamten Netzwerk. Stehen diese nur fragmentarisch zur Verfügung, können vorhandene Potenziale, z.B. über KI, nicht um- fassend erschlossen werden.
DIALOG: Setzt die Optimierung des öko- logischen Fußabdrucks in der Logistik auch darüber hinausgehende Impulse?
WB: Auf jeden Fall. Das wird deutlich, wenn man etwa den Aspekt der Datennutzung herausgreift. Wie erwähnt, muss ich unterschiedliche Systeme, Plattformen und Datenmodelle integrieren, um eine valide und vollständige Sicht auf den gesamten Logistikprozess und den entsprechenden ökologischen Fußabdruck zu bekommen. Dadurch wird auch die Grundlage für den Einsatz fortschrittlicher Analysemethoden und KI-Lösungen geschaffen und ein selbstlernender Prozess kann initiiert werden, der zu neuen Erkenntnissen führen kann. Diese bleiben dann nicht auf die Logistik beschränkt, sondern wirken in die gesamte Wertschöpfungskette hinein, in den gesamten Lebenszyklus von Produkten. Insofern bin ich überzeugt, dass das Bestreben, die Logistik nachhaltiger zu machen, auch Innovationen auf unterschiedlichen Ebenen befördern wird.