DATEN ALS WACHSTUMSRESSOURCE NUTZEN

NACHHALTIGKEIT UND DIGITALISIERUNG IN DER FORST- UND VERPACKUNGSINDUSTRIE

FORST- UND VERPACKUNGSUNTERNEHMEN SIND HÄUFIG MIT MEHREREN ANSPRUCHSVOLLEN HER AUSFORDERUNGEN KONFRONTIERT. SIE MÜSSEN INNOVATIONEN IN NACHGELAGERTEN BEREICHEN VOR ANTREIBEN, WACHSTUMSCHANCEN NUTZEN UND ZUGLEICH DIE ASSETS DER INDUSTRIELLEN LIEFERKET E EFFIZIENT STEUERN

In diesem Kontext erschließt die wettbewerbsfähige und dennoch nachhaltige Bewir tschaftung von Wald- und Faserressourcen ein zentrales strategisches Potenzial. Um nachhaltig und profi- tabel zu wachsen, muss insbesondere der Widerspruch zwischen der Integration der Wer tschöp- fungskette und der Multispezialisierung effektiv bewältigt werden. Lösungswege ergeben sich aus der Digitalisierung, sofern man die folgenden Regeln und Trends beachtet.

PRODUKTE WÄHREND DES GESAMTEN LEBENSZYKLUS VERFOLGEN

Fasern und die Produkte, für die sie genutzt werden, wie z.B. Verpackungen, gelangen schnell in angrenzende wirtschaftliche Kreisläufe. Daher gewinnt die strategische Fähigkeit, diese Kreisläufe zu verstehen und zu verbessern, zunehmend an Bedeutung. Wer Nutzungsdaten verwenden und Verlustinformationen  innerhalb eines kosystems von Partnern über angrenzende Kreisläufe hinweg verarbeiten kann, ist bereits im Vorteil. Ebenso wichtig sind digitale „Produktpässe“ mit Nachhaltigkeitsfokus, welche die Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus verfolgen. Allerdings bietet die Digitalisierung noch mehr Chancen: Datenaktivierung, Analyse, berwachung, End-to-End-Tracking und -Tracing sowie Garantien für die Herkunft von Waldfasern werden mit soliden „Total Productive Maintenance“(TPM)- und Lean-basierten Betriebsplattformen zusammengeführt. Das ermöglicht es, nachhaltig zu wirtschaften, die Verbrauchernachfrage zu erfüllen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Bei weiteren Investitionen sollte man außerdem auch Digitalisierungschancen nutzen, um Arbeitsprozesse weiterzuentwickeln. Dafür eignen sich zeitgemäße Führungsansätze zw. -methoden.


NEUE TECHNOLOGIEN ADAPTIEREN

Lokal entwickelte Digitalisierungs-Use-Cases und Proof-of-Value-Initiativen liefern anschauliche Beispiele dafür, wie man mit der digitalen Transformation in der Branche Schritt halten kann: etwa im Falle einer drohnenbasierten Inspektion von Forstanlagen, bei virtuellen 3D-Simulationen und Trainingsumgebungen für Notabschaltungen in der Zellstoffproduktion oder bildbasierten Qualit tsprüfungen der Kartonproduktion durch „intelligente“ Analysetools. Das Vorgehen lokaler Initiativen lässt sich allerdings aufgrund der langen Investitionszyklen der Branche meist nicht skalieren. Dies ist u.a. eine Ursache dafür, dass neue und veraltete Maschinen/Anlagen in einem Werk betrieben werden oder Softwareumgebungen nicht integriert sind. Auch wenn ein Verfahren an einem Standort funktioniert, bedeutet das nicht automatisch, dass es sich gut an andere anpassen lässt.

Im Falle von Big-Data-Analysen gilt: Wenn Teams verschiedener Schichten auf unterschiedliche Weise arbeiten, ist es für Künstliche Intelligenz (KI) schwierig, echte Pr ventions- und Vorhersageer kenntnisse zu liefern. Nicht allein die Technik liefert signifikante Ergebnisse in Bezug auf die Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Fertigungsprozessen – das Wissen der Mitarbeiter ist hier ebenfalls ein entscheidender Erfolgsfaktor. TPM-Prozesse beziehen die Mitarbeiter mit ein, wenn es bspw. darum geht, Lärm in der Produktion zu reduzieren. Dazu ist die Umsetzung standardisierter Reinigungs-, Inspektions- und Schmierverfahren (CIL, „cleaning, inspection, lubrication“) unabdingbar.


LEAN-MODELLE UND TECHNOLOGIEEINSATZ AUFEINANDER ABSTIMMEN

Eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur Erschließung des vollen Potenzials von Industrie 4.0 ist die Frage, wie sich horizontale Digitalisierungsplattformen und Hochleistungsbetriebssysteme basierend auf der Shingo-Philosophie sowie auf Lean- und TPM-Modellen integrieren lassen. Der Weg zu diesem
Ziel: Die IT-Organisationsarbeit wird vollst ndig in die Teams integriert, die für kontinuierliche Verbesserungen in unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens zuständig sind. Das trägt maßgeblich dazu bei, mehr projektgesteuerte Top-down-Änderungen zu erreichen und letztendlich Wachstums- und  Effizienzsteigerungen erzielen zu können. Darüber hinaus lassen sich viele Verluste in den Betriebsabläufen verhindern, wenn die Mitarbeiter in die Verbesserung der Arbeitsprozesse mit einbezogen werden. Ziele können etwa die Reduzierung von Bahnabrissen auf null, des Wasserverbrauchs um 30% oder der Materialverluste um 70% sein. Ein weiteres Handlungsfeld ist der Güterverkehr, in dem bis zu 50% der Nachhaltigkeitsverluste entstehen. Eine Volumen- und Routenplanungssoftware für Transportsystemlöungen von verpackten Gütern ist hier ein geeignetes Mittel, um Verluste in den Wertsch pfungskreisläufen
zu minimieren.


NACHHALTIGKEITS-ROADMAP ERSTELLEN

Forst- und Verpackungsunternehmen sollten eine solide Roadmap für ihre digitale Transformation entwerfen. Dies erfordert auch, eine Architektur der Informations- und Kommunikationstechnologie zu definieren bzw. auf- und auszubauen. Für diese Branche ist eine Fünf-Jahres-Perspektive optimal, mit einem Zoom-in auf die ersten 12 bis 36 Monate.

Als neuer Trend zeichnet sich dabei ab, dass Wirtschaftssysteme zur Abfallminimierung zunehmend die bisherigen Wertschöpfungsketten ersetzen. Die Forst- und Verpackungsindustrie kann hier sowohl in ihren eigenen, direkt gesteuerten Kreisläufen als auch in den daran angeschlossenen viel bewirken. Dieser Verantwortung sollte sie sich bewusst sein, zumal ihr Handeln schnell in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gelangen kann. Eine negative Publicity hat meist direkten Einfluss auf die Wahrnehmung der Investoren/Stakeholder bzw. kann zu einer Neubewertung des Scorings von Umwelt-, Sozial- und Unternehmenswerten (Environment Social Governance, ESG) führen. Mit Blick auf ESG-Ratings ist zuweilen eine größere Transparenz in der Kommunikation erforderlich, was einmal mehr die Notwendigkeit unterstreicht, Digitalisierungstechnologien zu beherrschen.

 

DAS SYSTEM ÄNDERN

Um das Potenzial einer nachhaltigen Digitalisierung voll auszuschöpfen, können Forst- und Verpackungsunternehmen die Nachhaltigkeitsagenda der UN systematisch aufgreifen. Insbesondere die Zielsetzung Nr. 9 – Ma nahmen für eine nachhaltige Industrialisierung – sollte dazu motivieren, interne Nachhaltigkeitsverluste in den Griff zu bekommen und Nachhaltigkeitsarbeit in den Betrieb zu integrieren. Hierbei sind die Mitarbeiter aller Ebenen bzw. Funktionen einzubeziehen. Auf der Technologieebene fördern insbesondere maschinelles Lernen und Mustererkennung ein nachhaltiges Wirtschaften, indem
Defekte und Störungen vorhergesagt und verhindert werden. Wenn sich die Branche den Herausforderungen stellt und die grundlegenden TPM-Arbeiten umsetzt, eröffnet dies große Chancen. In jedem Fall gilt es, st ndig auf dem Laufenden zu bleiben, neue Kompetenzen einzubringen und gleichzeitig das im Unternehmen vorhandene Know-how zu nutzen.