Supply Chain

Ersetzt im Supply Chain Management künftig Prognose die Planung?

 

Eine zentrale Aufgabe des Supply Chain Management ist die Planung. Sie legt u.a. fest, welche Produktionsmittel wann, in welcher Menge und an welchem Ort zur Verfügung stehen müssen. Angesichts globaler Supply-Chain-Risiken und volatiler Kundenbedarfe wird diese Planung der Dynamik vieler Branchen jedoch nicht mehr gerecht. Stattdessen müssen Supply Chain Management und Supply Chain Planning in Zukunft möglicherweise anders gedacht werden: weg von der statischen Planung hin zur vorausschauenden Prognose von Kundenbedarfen und der flexiblen Anpassung des Supply Chain Management an dynamische Entwicklungen. Die Grundlage dafür liefern Instrumente wie Demand Sensing, das Künstliche Intelligenz mit Echtzeitdaten kombiniert, um kurzfristige Veränderungen der Verbrauchernachfrage mit hoher Genauigkeit vorhersagen zu können. Dies befähigt Unternehmen, schneller auf Marktschwankungen zu reagieren, Fehlplanungen zu minimieren und Verschwendung deutlich zu reduzieren.

 

 

Wer gewinnt das Rennen um Low-carbon Resources?

 

Um Scope-3-Emissionen wirksam zu reduzieren, steigt in der verarbeitenden Industrie der Bedarf an emissionsarmen Vorprodukten (Low-carbon Resources) – von Rohstoffen bis hin zu hochverarbeiteten Komponenten. Schon heute übersteigt dabei die Nachfrage nach Ausgangsmaterialien wie grünem Stahl oder recycelten Kunststoffen das verfügbare Angebot auf dem Weltmarkt.

Unternehmen müssen daher neue Strategien entwickeln, um sich langfristig den Zugang zu emissionsarmen Rohstoffen und Materialien zu sichern. Im Vordergrund steht dabei der Aufbau intensiver Partnerschaften, in denen Unternehmen gemeinsam mit ihren Lieferanten Roadmaps zur Ausweitung der Liefermengen nachhaltiger bzw. emissionsarmer Materialien entwickeln und diese aktiv unterstützen. Beispiele dafür sind Finanzierungshilfen für neue Produktionsanlagen oder Hilfestellungen beim Umstieg auf eine regenerative Energieversorgung.

 

 

 

Wie überträgt man unternehmensinterne Optimierungsmethoden auf das gesamte Supply-Chain-Netzwerk?

 

Die Prozesse in Produktion und Logistik sind in den meisten produzierenden Unternehmen über Jahre weiterentwickelt und nach Prinzipien wie Lean oder Just-in-Time optimiert worden. Dadurch tragen sie dazu bei, Effizienzverluste zu minimieren und Wertschöpfungsprozesse nachhaltiger zu betreiben. Prozessbrüche und Ineffizienzen, z.B. aufgrund von Stillstandszeiten, Leerfahrten und anderen Formen der Verschwendung, entstehen heute vor allem dort, wo die Prozesse verschiedener Supply-Chain-Partner nicht optimal ineinandergreifen. Fehlende Datentransparenz- und -qualität ist dabei eine häufige Begleiterscheinung.

Um die daraus resultierenden negativen Umweltauswirkungen zu reduzieren, bedarf es einer sorgfältigen Analyse der wesentlichen Verschwendungstreiber an diesen Schnittstellen, aus der Maßnahmen für eine nachhaltigere Prozessgestaltung abgeleitet werden können. Typische Ansatzpunkte liegen in den Bereichen Transport und Verpackungsdesign: So kann bspw. durch eine Beladungsoptimierung und die Bündelung von Fahrten sowie eine Anpassung von Lieferrhythmen die Zahl der Leerfahrten massiv reduziert werden.

 

 

Wird Supply-Chain-Stabilität zum Nachhaltigkeits-Killer?

 

Die globalen Krisen der vergangenen Jahre haben die Lieferketten massiv erschüttert. In der Folge hat sich der Trend zur Verschlankung der Lieferketten teilweise umgekehrt – zugunsten größererLagerbestände und geplanter Redundanzen entlang der Lieferkette.

Auch diese Entwicklung geht oftmals zulasten der Nachhaltigkeit, da Pufferbestände in der Regel mit einem höheren Flächen- und Energieverbrauch, höheren Transportkosten und einem höheren Grad an Obsoleszenz einhergehen. Um den Konflikt zwischen Ressourceneffizienz und Lieferkettenstabilität aufzulösen, müssen Unternehmen neue Ansätze finden, um die Resilienz ihrer Lieferketten zu erhöhen, ohne Nachhaltigkeitsaspekte zu vernachlässigen.

Ein möglicher Weg besteht in der Neuausrichtung von Beschaffungsstrategien mit Global, Regional und Local Sourcing, die im Zuge der aktuellen Krisen bereits verstärkt eingesetzt hat. Damit lassen sich nicht nur globale Abhängigkeiten wirksam reduzieren, sondern auch transportbedingte Emissionen verringern. Darüber hinaus gilt es, die Instrumente zur Identifikation und Bewertung von Lieferausfallrisiken zu verbessern. So können Unternehmen einzelne Komponenten oder Materialien mit hohem Verfügbarkeitsrisiko oder schwieriger Substituierbarkeit gezielt bevorraten, während die übrigen Lieferströme schlanker gestaltet werden können.

 

 

Wird die Lieferkette zur Circular Supply Chain?

 

Zirkularität bedeutet, dass Unternehmen nicht länger für Produkte, sondern für Produktlebenszyklen verantwortlich sind. Damit gewinnt die Rückführung von Produkten oder Materialien in den Wertschöpfungsprozess durch Reparatur, Wiederverwendung oder Recycling erheblich an Bedeutung – sowohl unter Nachhaltigkeitsaspekten als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ein Beispiel ist die Rückgewinnung strategisch wichtiger Rohstoffe, etwa zur Batterieherstellung.

Für das Supply Chain Management ergeben sich daraus mehrere Herausforderungen. Zum einen muss für die Rückführung der Produkte ein effizienter Reverse-Logistics-Prozess etabliert werden, der durch eine optimierte Transport- und Routenplanung selbst möglichst nachhaltig gestaltet wird. Zum anderen gilt es – insbesondere bei hochtechnisierten und variantenreichen Produkten – zu verstehen, welche Komponenten bzw. Rohstoffe in welcher Form extrahiert und aufbereitet bzw. wiederverwendet oder fachgerecht entsorgt werden können. Beides erfordert eine bessere Nachverfolgbarkeit der Produkte im Hinblick darauf, welche Produkte in welcher Ausführung an welche Kunden geliefert wurden und in welchem Zustand sie sich befinden. In einer Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus hinweg ist es folglich auch wichtig, die Anforderungen der Supply Chain bereits im Produktentstehungsprozess zu berücksichtigen.