STILLER WÄCHTER FÜR DIE ENERGIEVERSORGUNG

Wenn Marder Umspannwerke erkunden, beendet der Kontakt mit mehreren Hunderttausend Volt die Stippvisite zuweilen recht drastisch. Das Risiko liegt allerdings nicht nur beim Marder. Ein Wildtierschaden an einem solchen neuralgischen Punkt der Energieversorgung kann zu Stromausfällen oder Materialschäden führen und kostspielige Folgen haben. Unsere Fernwartungslösung beugt dem vor, indem sie das Management der Instandhaltungstätigkeiten in Umspannwerken vereinfacht. Ein speziell entwickeltes Kamerasystem behält neben ungebetenen Gästen die Wetterbedingungen, den Pflanzenwuchs, den Komponentenverschleiß und viele weitere Punkte im Blick, um den kontinuierlichen Betrieb der Anlage sicherzustellen.

Knappe Ressourcen effizient einsetzen


Diese Aufgabe ist aus mehreren Gründen äußerst anspruchsvoll. Unser Unternehmen verantwortet allein über unsere Leitstelle in Berlin den Betrieb von 65 Umspannwerken, deren Wartungsbedingungen sehr heterogen sind: Die Anlagen sind unterschiedlich alt und mehr als zwei Drittel seit mehr als 30 Jahren im Einsatz. Insbesondere die älteren Anlagen verfügen über wenig oder keine Sensorik zur Messung von Maschinen- oder Umgebungsdaten. Hier IoT-Einzellösungen nachzurüsten wäre sehr aufwendig, kostenintensiv und schwer in ein Steuerungssystem integrierbar. Außerdem befinden sich die Umspannwerke meist in abgelegenen, ländlichen Regionen und müssen von hochspezialisierten, also selten verfügbaren Fachkräften gewartet werden. Auch in dieser Hinsicht sind also begrenzte Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, d.h., möglichst viele Maßnahmen wie der Rasen- und Pflanzenschnitt sollten mit anderen Aktivitäten bei einem Wartungstermin erfolgen. Dies wiederum erfordert eine vorausschauende Planung anhand präziser Standortinformationen.

Risikozonen im Blick – live und datenschutzkonform


Um diese und weitere Herausforderungen zu lösen, entwickelten wir gemeinsam mit unserem Partner Hesotech ein System, dass die Anlagen mit einer Kamera 24/7 überwacht, alle benötigten Informationen dokumentiert und die Bilder und Videos mithilfe von Computer Vision zu Messdaten verarbeitet. Je nach Ereignis am Standort werden die Wartungstechniker sofort alarmiert oder rechtzeitig über anstehende Arbeiten informiert.

 

Optimale Konfiguration mit digitalem Anlagenzwilling

Das zentrale Highlight der Lösung sind die Kamerasysteme und die damit verbundenen Software-Algorithmen. Alle Informationen werden dabei in einem Digitalen Zwilling (2D oder 3D) zusammengeführt. Die entwickelten Algorithmen ermöglichen es uns zunächst, im Digitalen Zwilling die optimale Position für die zu installierenden Kameras zu berechnen. Nachdem das System eingerichtet ist, kommen Algorithmen aus der Bildverarbeitung zum Einsatz, die die Umsetzung diverser Anwendungsfälle zur Optimierung der Instandhaltung ermöglichen. Dabei werden die Objekte und Parameter (Grenzwerte, Konfidenzintervalle etc.) festgelegt, die das System überwachen bzw. auswerten soll, z.B. Zähler, kritische Bauteile, Rasen, Pflanzen oder Zugänge zum Gelände.

 

Präzise Kontrolle durch Highend-Kameras

Die Kamera erfasst periodisch die gesetzten Überwachungspunkte – in der Pilotanlage sind das mehr als 3.000 physische Punkte. Dabei kann sie Distanzen von +150 Metern abdecken und nicht nur bei Tageslicht, sondern auch mit Wärme- und Nachtsichtbildern arbeiten. Eine weitere Besonderheit ist, dass das Kamerasystem nur die vordefinierten Punkte aufnimmt und alles andere ausblendet. Ist Wartungspersonal vor Ort, werden die Kameras automatisch deaktiviert.

 

Direkte Alarmierung im Notfall

Im Überwachungsmodus erkennt das System Eindringlinge wie Wildtiere und Diebe ebenso wie Rauch. In diesen Fällen löst es automatisch Alarm aus und sendet Push-Benachrichtigungen an das zuständige Personal. Bei signifikanten Fehlern wie einem Feuer wird das alarmauslösende Ereignis außerdem direkt mit einer Live-Ansicht übertragen.

Im „Normalbetrieb“ kontrolliert das System viele weitere Funktionen. So stellt bspw. die permanente Temperaturüberwachung relevanter Komponenten über den Wärmebildmodus sicher, das kritische Temperaturentwicklungen frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Vernetzte Sensoren sammeln weitere Echtzeitdaten über eine Wetterstation und über Mikrofone, sodass mit der Zeit detaillierte Informationen aus Störungsmeldungen oder Schäden vorliegen und sich Wartungszyklen entsprechend anpassen lassen.

 

Fehleranalyse für die vorrauschauende Wartung


Die Bündelung dieser Funktionalitäten ist aus zwei Gründen äußerst vorteilhaft: Zum einen werden so unterschiedlichste Anlagen in einem Schritt zu allen wesentlichen Kontrollfaktoren (Temperatur, Feuchtigkeit, Vibrationen, Schäden/Verschleiß) „auskunftsfähig“, ohne einzelne IoT-Lösungen für diese Bedarfe installieren, vernetzen und betreiben zu müssen. Zum anderen werden der operative Betrieb und die „Bedarfe“ der Anlage mit den gesammelten Daten visualisierbar. Das Wartungsteam kann diese Informationen über ein Dashboard aufrufen.

Dabei lassen sich übrigens nicht nur der Zustand der Anlage und die dortigen Ereignisse über die Live-Ansicht in Echtzeit beurteilen. Auch ein „Blick in die Zukunft“ ist möglich. Denn die Betriebsdaten aus dem Leitsystem können mit Bilderkennungsdaten im Digitalen Zwilling verknüpft werden, um die Fehleranalyse zu unterstützen und so z.B. frühzeitig auf Verschleiß oder stärkeren Pflanzenwuchs in der Anlage hinzuweisen.

 

Sinkende Kosten bereits im Pilotprojekt


Das System ist derzeit an einem Pilotstandort und in einem weiteren Umspannwerk in Betrieb und soll auch in den anderen Anlagen zukünftig zum Einsatz kommen. Bereits im Pilotprojekt konnten wir die Betriebs- und Wartungskosten der Anlage um etwa 15% p.a. senken. Dank der kürzeren Reaktionszeiten bei Alarmen oder Schäden sowie einer verbesserten Wartungsplanung wurden die Ausfallzeiten zudem deutlich reduziert.

Der Ansatz, mit der Kamera als dem einen zentralen Sensor und „Knotenpunkt“ möglichst viele Mess- und Überwachungsszenarien abzudecken, erweist sich als sehr ergiebig. Zukünftige Add-ons wie die Installation und Vernetzung mit Schwingungssensoren in der Anlage sind aber natürlich nicht ausgeschlossen. Sie liefern sehr gute zusätzliche Indikatoren, dass etwas nicht stimmt, etwa bevor sich Qualm entwickelt. Und schließlich ist alles sinnvoll, was Risiken weiter reduziert – für den Anlagenbetrieb und auch für den Marder.

 

Einsatzfeld: Energieversorgung
 

Herausforderung

Verbesserung des Betriebsmanagements von Umspannwerken durch vorausschauende Wartung und Instandhaltung.
 

Lösung

visuelle Überwachung, Dokumentation und Analyse der gesamten Anlage über ein intelligentes Kamerasystem, das die Anlage 24/7 überwacht und die Bilder zu Messdaten verarbeitet.