WENN SICH DER BAGGER SELBST VERLEIHT
Ein mittelständisches Unternehmen vermietet Baumaschinen und Fördertechnikanlagen. Der Betrieb ist regional aufgestellt und plant, das gesamte Handling des Geräteverleihs zu digitalisieren. Durch den Einsatz der Blockchain-Technologie soll die Abwicklung des Vermietungsprozesses automatisiert und manipulationssicher ablaufen. Gleichzeitig soll der Grundstein für weiterführende, digitale Leistungen und Services gelegt werden, um die Kunden zukünftig individueller und vor allem schneller bedienen zu können.
HERAUSFORDERUNG: MANUELLE KOSTENTREIBER & LOKALE BEGRENZUNG
Die Vermietung von Baumaschinen besteht aus einer Unmenge an einzelnen Prozessschritten, die heute in weiten Teilen noch manuell bzw. papiergestützt erfolgen und dadurch wesentliche Kostentreiber darstellen. Dies umfasst beispielsweise:
- Die Anfrage des Kunden und den Abgleich mit den verfügbaren Geräten.
- Die Überprüfung der Maschine durch einen Servicetechniker und die Dokumentation des Zustandes.
- Die Beauftragung eines Logistikers zum Transport der vermieteten Maschine zum Kunden.
- Das Ausstellen von Versicherungsleistungen etc.
Darüber hinaus sind Vermietungsleistungen immer regional gebunden, während die Bauunternehmen meist überregional tätig sind. Wünscht ein Kunde eine Leistung in einer anderen Region, muss er sich für jede Baustelle ein neues Partner-Ökosystem suchen. Zentral verwaltete Verleihplattformen gehen aber zulasten der lokalen Vermieter, da hier wertvolle Kundenbeziehungen verloren gehen.
ZIEL: AUTOMATISIERUNG & KOOPERATION
Vor diesem Hintergrund bietet der Einsatz der Blockchain-Technologie konkrete Ansatzpunkte zur Effizienzsteigerung im Vermietungsprozess. Dies umfasst:
AUTOMATISIERUNG DER AUFTRÄGE VON DER KUNDENANFRAGE BIS ZUR ABRECHNUNG DER LEISTUNGEN
Wird eine Maschine auf der Baustelle abgemeldet, kann der Logistik-Partner automatisch digital beauftragt werden und erhält zeitgleich die benötigten Standortdaten. Mit Abmeldung des Geräts erfolgt zudem der Gefahrübergang vom Kunden zum Vermietungspartner. Auch die Bezahlung kann so automatisch angestoßen werden. Das manuelle Abtippen von Lieferscheinen und Transportaufträgen entfällt ebenfalls.
MANIPULATIONSSICHERE UND VERTRAUENSVOLLE DATENSPEICHERUNG
Zur Abwicklung des Gefahrübergangs, also dem Zeitpunkt, an dem das wirtschaftliche Eigentum und damit die Verantwortung für mögliche Schäden an den Vertragspartner übergeht, werden alle relevanten Informationen wie etwa Zustandsdaten der Maschinen und der Übergabezeitpunkt transparent und fälschungssicher in der Blockchain hinterlegt.
PLATTFORMBASIERTE KOOPERATIONSMODELLE ZUR GEGENSEITIGEN VERMITTLUNG VON AUFTRÄGEN
Kann ein Kunde aufgrund von Kapazitätsengpässen nicht durch seinen Dienstleister bedient werden, hat dieser die Möglichkeit, über eine Plattform freie Kapazitäten von anderen Vermietungsunternehmen anzufragen. Deren Kapazitätsdaten werden dezentral in der Blockchain hinterlegt und automatisch mit den Anfragen abgeglichen. Da keine zentrale Instanz existiert, die die Daten und Kundenbeziehungen verwaltet, können sich die regionalen Anbieter auf Augenhöhe zusammenschalten und Aufträge gegenseitig flexibel vermitteln.
LÖSUNG: SELBSTSTEUERUNG DURCH SMART CONTRACTS
Zur Realisierung dieser Prozessoptimierungen können Smart-Contracts eingesetzt werden, in denen alle für die automatisierte Verleihabwicklung relevanten Vertragskonditionen, wie beispielweise das zu vermietende Gerät, die Mietdauer und die vereinbarte Nutzung, hinterlegt sind. Diese ermöglicht verschiedene Nutzungsszenarien:
- Mit einer Smartphone-App kann der Logistik-Partner die Entgegennahme der Maschine bestätigen. Auch die An- und Abmeldung der Geräte auf der Baustelle erfolgt auf diese Weise.
- Aus dem Disposystem heraus kann eine konkrete Maschine für die Vermietung ausgewählt und digital beauftragt werden. Die Maschine bzw. deren digitaler Zwilling in der Blockchain steuert alle weiteren Prozessschritte.
- Weitere Ökosystem-Partner, wie etwa Vermieter in anderen Regionen, können ebenfalls zum Smart Contract eingeladen werden. Dieser dient dabei als Bindeglied zwischen allen Beteiligten und enthält die relevanten Daten in einer unveränderbaren Form und stößt Prozesse, wie beispielsweise die Bezahlung oder Zustellung von Status-Informationen an Disponenten, selbstständig an.
ERGEBNIS: BASIS FÜR NEUE GESCHÄFTSMODELLE
Die Voraussetzung zur Nutzung eines Smart Contracts im Sinne eines digitalen Zwillings ist die automatische Bereitstellung aller für die Abwicklung des Verleihprozesses notwendigen Informationen. Daher mussten im vorliegenden Projekt zunächst alle bestehenden Prozessschritte vollständig digital abgebildet werden. Allein die dadurch geschaffene Transparenz und Automatisierung, etwa in der Bestellabwicklung, sorgten bereits für eine deutliche Effizienzsteigerung und ermöglichten eine professionalisierte Abwicklung der Vermietung gegenüber dem Kunden. Gleichzeitig wurde durch die Integration der Prozesse in das dezentrale Unternehmensnetzwerk „evan.network“ ein offenes Ökosystem bereitgestellt, das als Basis für die Einbindung weiterer Vermietungspartner und die Realisierung neuer bzw. erweiterte Geschäftsmodelle dient. Folgende weiterführenden Geschäftsmodellinnovationen sind mit der bestehenden Blockchain-Infrastruktur bereits heute umsetzbar:
- Generierung neuer Erlösquellen abseits des Verkaufs und der Vermietung von Geräten in Form von ergänzenden Dienstleistungen, wie etwa qualifizierte Maschinen-Bediener, Versicherungen uvm. Je mehr Partner im Rahmen solcher zusätzlicher Service-Angebote koordiniert werden müssen, desto sinnvoller ist der Einsatz der Blockchain.
- Eine direkte Verbindung der Maschine mit der Blockchain im Rahmen von Smart Contracts zur Steuerung von Zugriff und Art der Nutzung sowie deren Abrechnung direkt durch die Maschine selbst bzw. deren digitalen Zwilling.
- Digitaler Zugriff auf Videos und Anleitungen zur Bedienung und Absicherung der Maschine über den digitalen Zwilling der Baumaschine während des Zeitraums der Vermietung.