Kommandohoheit im „Business War Room“
Mit SAP S/4HANA behält HENSOLDT Optronics erfolgskritische Daten ohne Zeitverluste im Blick
Generäle, die ihre Truppen auf dem Schlachtfeld an- führen, sind schon seit vielen Jahren nur noch in Geschichtsbüchern anzutreffen – heute spielen sich die entscheidenden Phasen der Kriegsführung in sogenannten War Rooms ab. Dabei handelt es sich um Hightech-Kommandozentralen, in denen alle „digitalen Informationsfäden“ der zu Lande, im Wasser und in der Luft operierenden Einsatzkräfte zusammenlaufen. Was der Infanterist via Nachtsichtgerät sieht, kann dort ebenso in Echtzeit auf den Monitor geholt werden wie hochaufgelöste Bilder der Luftraumüberwachung oder Sonarmessungen von U-Booten.
Einen wesentlichen Bestandteil der hierzu notwendigen Hochleistungstechnologien entwickelt die HENSOLDT Optronics GmbH in Oberkochen: Vor allem mit Premium-Sensoren, Radarsystemen, Optik-Anwendungen und Elektronikschutzsystemen unterstützt das Unternehmen den Erfolg von Sicherheits- und Überwachungsmissionen. Dazu nutzt das Unternehmen einen eigenen „War Room“: Hier laufen die wesentlichen Kennzahlen der geschäftlichen Aktivitäten so zusammen, dass die Führungskräfte auf dieser Basis direkt Entscheidungen für konkrete Maßnahmen bzw. Strategiewechsel treffen können. Die technologischen Voraussetzungen hierzu schuf das Unternehmen bereits vor zwei Jahren mit einer Implementierung der SAP-S/4HANA-Plattform.
Präzise Ziele anvisiert: der Weg zu S/4HANA
Beim Projektstart im Mai 2015 ging es HENSOLDT – zu dieser Zeit noch Airbus DS Optronics – vor allem um mehr Agilität und schnellere Handlungsfähigkeit als wachsendes Unternehmen in einem sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld. Eine wichtige Herausforderung lag darin, die Finanzberichterstattung zu beschleunigen, die aufgrund manueller Arbeitsprozesse bis zu drei Tage dauern konnte. In Planungsmeetings waren die essenziellen Kennzahlen somit meist bereits veraltet, was wiederum die Entscheidungsfindung des Managements erheblich bremste. Abhilfe sollte die SAP-S/4HANA-Plattform schaffen, zumal das verantwortliche Projektteam bereits mit der SAP-ERP-Applikation vertraut war. Von den Echtzeit-Applikationen der Plattform versprach man sich eine deutlich bessere Transparenz der Daten und Kennzahlen des Unternehmens. Zudem galt es, die Inkonsistenzen zwischen Prognosen und Ist-Daten zu beseitigen sowie effizientere Finanz- und Controlling-Prozesse zu etablieren. Das Berichtswesen beruhte darüber hinaus auf unter- schiedlichen Quellen wie einem Embedded Business Warehouse (BW), ABAP-Reports und Excel-Dateien. Adhoc-Reportings waren somit ebenso wenig realisierbar wie eine Visualisierung der Daten.
„Wir hatten bereits im letzten Quartal 2014 War Rooms zu unterschiedlichen Geschäfts- und Produktfeldern eingeführt, in denen die Leiter der Business Units gemeinsam mit Entscheidern aus dem Controlling und der Geschäftsführung Projekte genau beobachten und steuern sollten. Doch das konnte auf Basis von Excel-Datenblättern und PPT-Slides nicht funktionieren – ein Reporting-Prozess über mehrere Formate und Hierarchieebenen hinweg bremst die Entscheidungsfähigkeit, anstatt sie zu unterstützen. Zudem kommen ja ständig neue Informationen dazu. Ergo wollten wir möglichst schnell ein System implementieren, das jederzeit mindestens tagesaktuelle Kennzahlen zur Verfügung stellt, die dann im Führungskreis ‚on the fly‘ kommuniziert werden“, erläutert Jochen Scheuerer, Head of Information Technology bei der HENSOLDT Optronics GmbH. „Die einstufige Migration zu HANA und S/4HANA Finance war der ideale Weg dorthin, da es sich um eine Win-win-Situation für alle Beteiligten handelte: Organisationsseitig war es ein Leuchtturmprojekt für Finance und damit unabhängig von allen anderen Unternehmensbereichen. Aus der IT-Perspektive bedeutete unser Vorgehen eine Risikominimierung, da wir eben nicht die komplette Systemlandschaft des Unternehmens berücksichtigen mussten.“
Für die Umsetzung definierte das Projektteam ambitionierte Vorgaben – von den ersten Workshops im Mai sollten nur fünf Monate bis zum exakt terminierten Go-Live der ersten Echtzeit-Daten im War Room am 15. November vergehen, selbstverständlich ohne Zeit- und Qualitätseinbußen. „Bei 450 integrierten und 50 weiteren geplanten Nutzern an drei Standorten in zwei Ländern war das sicherlich ein straffer, aber auch realistischer Zeitplan. Schließlich wollten wir nicht nur das erste Monatsreporting für November ‚live‘ im System erstellen, sondern auch den Jahresabschluss innerhalb von vier Tagen über die neue Plattform über die Bühne bringen“, sagt Scheuerer.
Leitradar für Migrationshürden: Teamwork nach Rezeptbuch
Ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Umsetzungsphase war die enge Kooperation mit dem SAP-Projektteam, das auch für das Projektmanagement verantwortlich war. In der Migrationsphase trafen sich die Beteiligten mehrmals am Tag. Der Fachbereich erhielt während dieser mehrere Wochen dauernden Phase intensive Unterstützung seitens der IT und war seinerseits bereit, iterativ und kurzfristig Testaktivitäten neben dem Tagesgeschäft durchzuführen. Unter anderem dank dieser guten Zusammenarbeit motivierter Teams gelang es auch, die größte Herausforderung des Projektes schnell in den Griff zu bekommen: Beim ersten Ein- spielen zeigte sich, dass mehr als 300 Hotfixes zu beheben waren, um das System für die HANA-Migration zu trimmen.
„Bei einem relativ kleinen Projektteam von 15 Personen insgesamt ist das eine große Hürde, vor der viele Unternehmen einknicken würden. Wir haben diesen Punkt aber sehr schnell gemeistert. Neben dem guten Teamwork half hier das sogenannte Cookbook von SAP enorm dabei, die Fehler mit passenden Lösungen schnell zu eliminieren.“ Mit diesem „Rezeptbuch“ hatte das Team die Hinweise zu Hot- fixes bei der zweiten Migration nach vier Wochen von etwa 300 auf fünf reduziert. Bei der dritten Migration lief die Anwendung schließlich völlig problemlos. IT-seitig kam der Implementierung allerdings auch zugute, dass das ERP-System zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem notwendigen Erweiterungspaket aktualisiert war, was einen relativ geringen Aufwand für SPAU/SPDD bedeutete.
„Um Risiken zu minimieren, sind drei Migrationsversuche vor der endgültigen Migration sehr empfehlenswert. Zudem erwiesen sich in unserem Fall drei Dinge als Schlüssel für eine gelungene Systemmigration: Erstens be- nötigt man einen Partner, der bereits über das notwendige Know-how verfügt – sei es in Hinblick auf die Technologie oder die zu integrierenden Geschäftsprozesse. Zweitens sollte man immer die gleichen Dinge auf die gleiche Weise und im selben Setup tun. Vor allem, wenn es um Vergleichbarkeit zwischen ‚Altsystem und Neusystem‘ in puncto Custom Code geht, also ob alle Skripte noch wie zuvor laufen. Und drittens gilt es, eine Balance zwischen einem schleichenden Wachstum der Projektaufgaben und der Flexibilität zu finden, neue, sinnvolle Anpassungen für das Tagesgeschäft vorzunehmen.“
Etappenziel: digitalisierter End-to-End-Prozess
Zum Go-Live-Termin am 15. November konnten die Führungskräfte im War Room nicht nur auf alle benötigten Kennzahlen in Echtzeit zugreifen, sondern außerdem einen Projektabschluss „in time, quality and budget“ feiern. Da das ursprünglich hochgerechnete Budget deutlich unterschritten wurde, konnte das Projektteam sogar noch die Integration von SAP Fiori ergänzen. Dies stellt den HENSOLDT-Controllern zu jeder Zeit am jedem Ort die Zahlenwerte zur Verfügung, die sie im Gespräch mit Kunden oder Partnern benötigen. Da somit nicht nur verbindliche Aussagen sofort getroffen werden, sondern auch Bestellvorgänge schnell freigegeben werden können, haben sich die Workflows auch auf dieser Ebene klar verbessert.
„Das Projekt hat uns ein großes Stück näher an einen vollständig digitalisierten End-to-End-Gesamtprozess herangebracht. Vor allem beim Thema Entscheidungsfindung haben wir durch das neue System ganz eindeutig einen Mehrwert für das gesamte Unternehmen erreicht – nicht nur im War Room. Allerdings ist dort die Echtzeit-Berichterstattung ohne Business Warehouse ganz klar ein wichtiges Instrument, mit dem wir sehr agil auf neue Marktanforderungen reagieren“, resümiert Jochen Scheuerer.
Über HENSOLDT
HENSOLDT entwickelt Premium-Sensoren für Sicherheits- und Überwachungsmissionen. Mit mehr als hundertjähriger Erfahrung in der Hochleistungstechnologie ist das Unternehmen Weltmarktführer bei Raketenwarnsystemen und U-Boot-Periskopen. Darüber hinaus ist HENSOLDT auf dem Markt für Radarsysteme, Optik und Elektronikschutzsysteme gut vertreten.
Das Unternehmen entstand aus den Aktivitäten von Airbus im Bereich der Verteidigungselektronik. Diese wurden im Jahr 2017 von der Airbus-Gruppe ausgegliedert und sind nun gemeinsam mit der ehemaligen Airbus DS Optronics unter dem Markennamen HENSOLDT am Markt präsent. HENSOLDT beschäftigt rund 4.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 1 Milliarde Euro. Weitere Informationen unter www.hensoldt.net