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„Am Ende des Tages geht es immer darum, wettbewerbsfähig zu sein“
Interview mit Dr. Kai Magenheimer, Partner bei ROI-EFESO, zur Bedeutung von Plant Assessments als Instrument für die Weiterentwicklung von Produktionsstandorten.
Warum sollten sich Unternehme gerade jetzt mit der Bewertung der Zukunftsfähigkeit ihrer Werke beschäftigen?
Dr. Kai Magenheimer: Grundsätzlich ist das Thema nicht neu. Allerdings sehen wir derzeit verschiedene Entwicklungen, die Unternehmen dazu zwingen, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Werke zu überprüfen bzw. neu zu bewerten: Da sind zum einen sicherlich die - je nach Branche - massiv gestiegenen Kosten für Energie, Material aber auch Personal, die Unternehmen zwingen, wirtschaftlicher zu werden oder Preisanpassungen vorzunehmen. In beiden Fällen sind Plant Assessments ein wertvolles Instrument, um Einsparpotenziale zu identifizieren bzw. Transparenz über die tatsächlichen Herstellkosten zu gewinnen. Zum anderen beobachten wir als Reaktion auf die Lieferkettenunterbrechungen der letzten Jahre einen Trend zur Regionalisierung der Wertschöpfung. Das heißt, Unternehmen verlagern ihre Produktion zunehmend in die Nähe ihrer Absatzmärkte. Dies wiederum führt zu einer Verschlechterung der Kostenstruktur und der Faktorkosten. Vor diesem Hintergrund gilt es, die bestehenden Strukturen auch im Hinblick auf Automatisierung, Digitalisierung zu überdenken, damit Hochlohnstandorte wieder attraktiver werden, weil eben diese neuen Rahmenbedingungen hinzugekommen sind. Und schließlich müssen die Unternehmen auf immer größere Nachfrageschwankungen reagieren, weil der Druck der Endkunden steigt. Die gewachsenen Strukturen in den Unternehmen sind für diese kurzen Reaktionsgeschwindigkeiten oft gar nicht ausgelegt. Deshalb müssen sowohl die Organisation, die Prozesse als auch die dahinter liegenden Technologien in Produktion und Logistik flexibilisiert werden.
Wie können Plant Assessments angesichts der Vielfalt an Herausforderungen, vor denen die produzierende Industrie gerade steht, einen Mehrwert liefern?
Dr. Kai Magenheimer: Am Ende des Tages geht es immer darum, wettbewerbsfähig zu sein. Was das im Einzelnen bedeutet und wie man dorthin kommt, hängt stark von der jeweiligen Situation, dem Wettbewerbsumfeld und vielem mehr ab. Unser Ziel ist es, den Unternehmen einen geordneten Weg in die Zukunft aufzuzeigen. Grundlage dafür ist eine umfassende Transparenz über den Status quo. Wir zeigen alle Schwachstellen schonungslos auf, verdeutlichen die Auswirkungen und liefern damit die Basis für eine systematische und der jeweiligen Situation angepasste Weiterentwicklung des Werkes oder eines gesamten Werksverbundes.
Welche Aspekte werden bei einem Plant Assessment betrachtet?
Dr. Kai Magenheimer: Bei der Bewertung der Werke betrachten wir im Wesentlichen zwei Dimensionen: Performance und Reifegrad. Die Performance beschreibt die Wirtschaftlichkeit, also im Grunde die Frage: Mit wie vielen Mitarbeitern, mit welcher Kostenstruktur schaffe ich welchen Output? Beim Reifegrad schauen wir, wie die Organisation strukturell und organisatorisch aufgestellt ist: Gibt es zum Beispiel ein Shopfloor-Management-System? Welche Kennzahlen werden verwendet? Wie ist das Führungsverhalten? All das fließt mit ein. Und zwischen diesen beiden Polen muss man die richtige Balance finden. Wenn man zum Beispiel nur die Performance pusht, wird es nicht lange dauern, bis sie wieder sinkt, weil die Organisation einfach nicht in der Lage ist, das aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Umgekehrt, wenn man nur in die Reifegradentwicklung investiert, dann kommt der finanzielle Erfolg zu langsam und damit wird es nicht mehr rentabel.
Wie sieht das Vorgehen im Rahmen eines Plant Assessments ganz konkret aus?
Dr. Kai Magenheimer: Wir folgen einer standardisierten und vielfach erprobten Vorgehensweise. Im Zentrum steht ein fünftägiger Assessmentprozess vor Ort, in dem wir uns vom Groben zum Feinen durch alle für die Bewertung der Werke relevanten Themen arbeiten: Am Anfang steht eine Top-Down-Betrachtung der Ist-Situation des jeweiligen Werks. Neben der Betrachtung von Kennzahlen und deren Abgleich mit branchen-spezifischen Benchmarks, z.B. im Bereich der indirekten Kosten oder der Anlagenverfügbarkeit, setzen wir auch auf Beobachtungen vor Ort, z.B. im Rahmen von sogenannten Waste Walks. So erhalten wir erste Hinweise darauf, wo Schwachstellen liegen und wo wir genauer hinschauen sollten.
Darauf aufbauend führen wir Einzelprozessanalysen auf Shopfloor-Ebene durch, bei denen wir beispielsweise den Logistikprozess oder die Montage im Detail untersuchen. Darüber hinaus nutzen wir bewährte Reifegradmodelle wie unseren Leadership- oder den OPEX-Scan, mit denen wir das Werk im Vergleich zu Best Practices einordnen können. Daraus ergeben sich Gaps sowohl in der Performance als auch im Reifegrad, aus denen wir Potenziale ableiten und bewerten können. Das heißt, wir sehen nicht nur, wo die Schwachstellen liegen, sondern bewerten auch deren Einfluss auf das Betriebsergebnis. Gleichzeitig liefern uns die Reifegradmodelle konkrete Pfade für eine zielgerichtete Werksentwicklung. Das alles verdichten wir zu einer belastbaren Empfehlung für das Management.
Wie können solche Empfehlungen aussehen?
Dr. Kai Magenheimer: Jedes Assessment liefert uns Informationen über die Potenziale, die ein Werk in Bezug auf Reifegradentwicklung und Performancesteigerung hat. Besonders interessant wird es natürlich, wenn man das nicht nur für ein Werk untersucht, sondern einen ganzen Werksverbund betrachtet. Dann hat man auch unternehmensstrategisch einen ganz anderen Hebel. Wenn man zum Beispiel Werke hat, die einen hohen Reifegrad haben und gleichzeitig sehr leistungsfähig sind, dann muss man nicht viel machen, sondern höchstens einen Zielwert vorgeben. Hat ein Werk hingegen einen hohen Reifegrad, aber eine schlechte Performance, muss man wahrscheinlich unternehmerischer vorgehen, z.B. neue Produkte etablieren, das Geschäftsmodell überdenken, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Ist der Reifegrad hingegen niedrig, aber der Standort hat ein großes Potenzial zur Leistungssteigerung, sollte die Weiterentwicklung aktiv unterstützt werden. Hieraus ergeben sich erste Handlungsempfehlungen für den Umgang mit einzelnen Standorten.
Welche Rolle spielt das Thema Personal bei der Bewertung und Weiterentwicklung von Werken bzw. Werksverbünden?
Dr. Kai Magenheimer: Klar ist: Ohne die Mannschaft geht gar nichts. Denn die Menschen im Werk sind der wichtigste Befähiger - sowohl für die Reiferadentwicklung als auch für das Heben von Performance-Potenzialen. Das bedeutet, egal wie man ein Werk weiterentwickeln möchte – ob in Richtung Performancesteigerung oder in Richtung höherer Reifegrad, ist das immer verbunden mit der Frage: Brauche ich die Leute, die ich habe – und habe ich die Leute, die ich brauche? Und wenn das nicht der Fall ist, wie komme ich dahin? Welche tarif- und arbeitsrechtlichen Implikationen ergeben sich daraus? All diese Themen müssen berücksichtigt werden, wenn einmal die Richtung festgelegt ist. Deshalb arbeiten wir hier mit Experten zusammen, die sich mit diesen Themen sehr gut auskennen.
Sie möchten mehr zum Thema erfahren?
Im kostenfreien Webinar "Business & Workforce Transformation" am 22. März erläutern Dr. Kai Magenheimer und der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Andrich von der AVENEO Consulting GmbH, wie Industrieunternehmen ihre Produktionsstandorte angesichts aktueller Herausforderungen strukturell und personell wettbewerbsfähig aufstellen können.