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WANN BRAUCHE ICH EINE BLOCKCHAIN FÜR MEIN GESCHÄFT UND WARUM?

ANREGUNGEN FÜR DIE NUTZUNG DEZENTRALER UNTERNEHMENSNETZWERKE AUF BASIS DER BLOCKCHAIN-PLATTFORM.

Herr Müller, die International Data Corporation (IDC) schrieb unlängst in ihren Prognosen zur ITK-Branche 2018 und darüber hinaus, dass bis 2021 mindestens 25 Prozent der Global-2000-Unternehmen in großem Stil Blockchain-Dienste als Grundbaustein für ihre digitale Vertrauensstrategie einsetzen werden. Entwicklungen im Kontext der Blockchain-Technologie werden großen Einfluss auf die Gestaltung und Durchführung von digitalen Geschäftsprozessen und öffentlichen Prozessen haben. Was macht die Blockchain für Industrie und Wirtschaft so spannend?

Die Digitalisierung von Waren aus der realen Welt ist eines der interessantesten Dinge bei der Nutzung der Blockchain-Technologie für Unternehmen, da sie die Grundlage für die ständig wachsende Nachfrage nach digitalen Geschäftsmodellen rund um bestehende physische Güter bildet. Ich sehe zwei Haupttreiber für diese Nachfrage. Einer ist der Sharing-Economy-Trend, wo Dinge wie Autos, Maschinen oder Werkzeuge von mehreren Nutzern genutzt werden, und der andere ist das industrielle Internet oder konkreter die Fähigkeit, Prozesse direkt zwischen den beteiligten Maschinen und Produkten zu koordinieren. Die spannende Frage hierbei ist, was passiert, wenn die Maschine selbst den gesamten Prozess steuern könnte. Das ist genau die Idee hinter der Digitalisierung von Waren. Eine wichtige Voraussetzung für eine solche digitale Kommunikation ist die direkte Teilnahme der Maschine an einer digitalen Kommunikation. Mit der Blockchain-Technologie ist es möglich, eine digitale Darstellung – ich nenne das einen „digitalen Zwilling” – für ein Gerät, wie eine Maschine, bereitzustellen. Dieser digitale Zwilling ermöglicht es der Maschine, an einer digitalen Transaktion mit einer vertrauenswürdigen Identität teilzunehmen, die dann dazu verwendet werden kann, die erforderlichen Aktivitäten für einen Prozess zu koordinieren.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Art und Weise, wie Unternehmen in Zukunft Werte schaffen können. Absatzmärkte verändern sich mit einer bisher unbekannten Dynamik und verlangen von Unternehmen ein Höchstmaß an Flexibilität. Kaum ein Unternehmen wird zukünftig in der Lage sein, Kunden vollumfänglich allein zu bedienen, wodurch gemeinsame Wertschöpfungsprozesse mit stetig wechselnden und teilweise neuen Partnern an Bedeutung gewinnen. Deshalb müssen wir die Art und Weise der Zusammenarbeit überdenken. Was wir heute aber benötigen, ist eine dynamische Kooperation in flexiblen Partnernetzwerken, in denen Unternehmen auf Augenhöhe miteinander interagieren. Dies erfordert ein starkes Umdenken in der Art und Weise, wie Unternehmen mit Partnern interagieren, aber es erfordert auch neue Methoden der zuverlässigen, schnellen und dynamischen Zusammenarbeit in Partner-Ökosystemen. In diesen Bereichen bietet sich die Blockchain-Technologie als interessante Alternative zu den heute bestehenden Lösungen an und das macht sie so spannend.

Die Digitalisierung von Prozessen und Transaktionen zwischen Unternehmen spielt bei digitalisierten Geschäftsmodellen eine immer wichtigere Rolle. Die Blockchain-Technologie ermöglicht es, solche Systeme zu entwickeln. Inwieweit ist dieser Punkt relevant?

Im Bereich der Prozesskooperation zwischen Unternehmen finden wir viele Gemeinsamkeiten mit der Digitalisierung von Waren. Haupttreiber bei diesem Thema ist die Fähigkeit, Kooperationsprozesse einerseits effizienter und andererseits flexibler zu koordinieren. Aus heutiger Sicht sind das völlig gegensätzliche Ziele. Wenn Sie mehr Effizienz benötigen, werden Sie wahrscheinlich ein unternehmensübergreifendes Systemintegrationsprojekt starten, bei dem beispielsweise EDI-basierter Datenaustausch zum Einsatz kommt. Solche unternehmensübergreifenden Integrationsprojekte verursachen meist hohe Kosten und gehen mit einer starren Kopplung zwischen den Partnern einher, die völlig unflexibel ist.

Um die Partner dynamischer zu integrieren, wurden mehr und mehr Plattformen geschaffen, mit denen sich Prozesse in einem Partner-Ökosystem flexibel integrieren lassen. Aus Sicht der Prozessintegration ist dies ein großer Schritt, aber aus Unternehmenssicht kommt eine beispiellose Abhängigkeit von Dritten hinzu.

In den vergangenen Jahren wurde viel in die Digitalisierung von Prozessen investiert. Während dieser Zeit wurde eine Masse von IoT-Hubs, Plattformen und Cloud-Lösungen geschaffen. Aber sie alle haben ein massives Problem. Eine zentrale Plattform zur Digitalisierung der unternehmenseigenen Prozesse macht das Kerngeschäft von Dritten abhängig. Das ist ein enormes Risiko und der Hauptgrund, warum Unternehmen solche Plattformen nur zögerlich nutzen. Blockchain löst dieses Problem, indem es Teilnehmer, wie auch Waren, durch die Aufrechterhaltung der Datensouveränität miteinander interagieren lässt. Informationen werden nach Bedarf zwischen den Partnern ausgetauscht und vom Dateneigentümer initiiert. Unternehmen müssen sich nicht auf einen zentralen Vermittler verlassen um Daten bereitstellen zu können. Zudem ist es mit der Blockchain-Technologie möglich, Systeme zu entwickeln, bei denen Vertrauen und Wert zwischen Partnern ausgetauscht werden können, ohne auf einen mächtigen zentralen Vermittler, wie dies normalerweise heute üblich ist, angewiesen zu sein.

Dies wird durch den Einsatz von Smart Contracts erreicht, die die Regeln der Zusammenarbeit, wie vereinbarter Service Level, Lieferzeiten oder Qualitätskriterien definieren. Smart Contracts können dann als digitale Repräsentation einer konkreten Wertschöpfungskette genutzt werden, um Daten zwischen den Teilnehmern auszutauschen und automatisch die Einhaltung der definierten Regeln zu überprüfen.

In den Medien wird derzeit das Thema der „Enterprise-ready Blockchains” diskutiert. Was hat es damit auf sich?

Als wir 2014 starteten, wollten wir die Ethereum-Blockchain auch für Unternehmen nutzbar machen. Es hat sich dann relativ schnell herausgestellt, dass das so nicht funktioniert. So schön die Idee dieser Architektur ist, so viele Probleme liefert sie für die Nutzung im Unternehmen, da sie nur bedingt betriebsbereit ist. Das fängt bei einfachen technischen Dingen an. In der Public Blockchain sieht man alles, das ist nicht wirklich ein anonymes System. Jedes Mitglied der Chain kann in eine Transaktion hineinschauen. Im Unternehmensumfeld ist das ein absolutes „No Go“ und nicht akzeptabel. Aber wer ist die datenverarbeitende Stelle in einem dezentralen System? Ein Unternehmen, das für seine Kunden eine Blockchain-Lösung anbietet, muss dies auch rechtlich absichern können und deswegen ist eine Public Blockchain für Unternehmen heute nicht wirklich nutzbar. Data Privacy und die Einhaltung von Data-Privacy-Standards gewinnen im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung massiv an Bedeutung. Wir haben daraus gelernt und haben das dezentrale Unternehmensnetzwerk „evan.network“ initiiert. Das ist im Prinzip ein offenes Ökosystem, das Unternehmen in nahezu jeder Branche die Möglichkeit bietet, individuelle digitale Geschäftsmodelle auf Basis der Blockchain-Technologie zu erstellen. Der große Vorteil hierbei ist, Unternehmen können ihre Prozesse sehr schnell abbilden. Es ist nicht notwendig, dass Unternehmen auf der Blockchain-Transaktionsebene arbeiten müssen, sie können funktional die Service-Templates und die gesamte Infrastruktur nutzen, um ihre Fachlogik auf Blockchain-Basis umsetzen zu können. Das ist die funktionale Seite hinter dem Network. Wir haben damit eine Betriebsplattform und eine Serviceschicht, die sehr schnell eine unternehmensspezifische Umsetzung erlauben. Das ist für uns die „Enterpriseready” Blockchain und die lässt sich für jedes B2B-Geschäft einsetzen.


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Anna Reitinger

Anna Reitinger

Head of Marketing, ROI-EFESO
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