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DER CIO ALS ORCHESTRATOR

„In Zukunft prägt der Brückenschlag zwischen der Vision des CEO und ihrer kreativen technologischen Umsetzung die IT stärker als Maintenance & Delivery. Dadurch wandelt sich auch die Rolle des CIO tiefgreifend.” Interview mit Dieter Wittbecker, Principal, ROI-EFESO

DIALOG: Wie gravierend ist der Druck, der durch die digitale Transformation ausgeübt wird?

DW: Ich würde im Zusammenhang mit der digitalen Transformation nicht von Druck sprechen, weil der Begriff zu kurz greift. Die digitale Transformation ist keine Einmalmaßnahme, sie ist kein Projekt. Sie ist da, um zu bleiben. Man könnte sie als ein neues Betriebssystem bezeichnen, mit dem Unternehmen langfristig umgehen müssen – technologisch, organisatorisch, kulturell, prozessual.

Das bedeutet, dass die Veränderungen, die wir heute im Zusammenhang mit der Digitalisierung beobachten, ab jetzt und für sehr lange Zeit das Zusammenspiel zwischen den Führungskräften, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den sie umgebenden Strukturen prägen werden. Der schnelle Technologiewandel, die Entstehung rein digitaler Geschäftsmodelle, neue Arbeitsweisen und Kompetenzen, neue Arbeitskultur – das alles sind Elemente dieses laufenden Optimierungsprozesses. Diese Perspektive ist hilfreich, um die Größenordnung und Qualität der Veränderungen einzuordnen. Zugleich gibt es Führungskräfte, die von diesem Wandel, diesem neuen Operating Model, besonders stark betroffen sind. Dazu gehört selbstverständlich der CEO. Vor allem aber der CIO.

DIALOG: Inwiefern verändert sich die Rolle des CIO im Kontext der Digitalisierung?

DW: Die Veränderung ist substanziell. In einem idealtypischen Szenario entstehen auf der obersten Führungsebene des Unternehmens Ideen für neue digitale oder digital unterstütze Geschäftsmodelle, neue Markt-, Produkt- oder Innovationsbeschreibungen. Diese werden an den CIO delegiert, um ihre Umsetzbarkeit zu prüfen und Piloten zu realisieren. Die IT wird damit zu einem Inkubator und zu einer Stätte der Kreativität. Das ist ein diametraler Unterschied zum Fokus auf Maintenance & Delivery, der jahrzehntelang den IT-Bereich prägte.

Der CIO wird damit zur zentralen Schnittstelle zwischen den Anforderungen, die aus dem Top-Management kommen, und dem Innovationsschub, der notwendig ist, um diese schnell umzusetzen. Diese Rolle bringt eine ganze Reihe neuer Aufgabenstellungen mit sich. Zum Beispiel muss ein Ökosystem aus Freelancern, Beratungsdienstleistern und externen Experten gepflegt werden. Viele Unternehmen, auch viele CIOs, haben das bislang eher fragmentarisch gemacht und weder die Qualität und Dichte des Netzwerks noch die Intensität der Zusammenarbeit strategisch entwickelt.

DIALOG: Was braucht es, um dieser veränderten Rolle gerecht zu werden?

DW: Weiterhin Entscheidungsfreude und Durchsetzungsstärke, die Fähigkeit, Milestones, Zielsetzungen und Anforderungen im Auge zu behalten. Gleichzeitig muss der CIO aber sehr viel stärker als Orchestrator agieren, der motiviert, die individuelle Exzellenz einbindet, ein tragfähiges Framework schafft und Orientierung gibt. Dabei geht es natürlich nicht darum, die Attitüde oder die generelle Haltung der jungen Digital Natives zu kopieren oder zu übernehmen – sondern darum, eine gemeinsame Sprache zu finden, glaubwürdig, authentisch, motivierend und überzeugend zu sein. Der CIO muss auch weiterhin über die wesentlichen Technologiefelder sehr gut informiert sein – die Bits und Bytes muss er aber nicht mehr im Detail kennen und angesichts der Markt- und Technologiedynamik kann er das auch gar nicht. Und er muss eine gute Verbindung schaffen zwischen den Menschen in der Geschäftsführung, die Visionen entwickeln für neue Geschäftsfelder und Strategien, und dem Team, das diese am Ende umsetzen muss. Diese Verbindung muss einfach auf eine gesunde Art und Weise geschaffen werden.

DIALOG: Macht die Digitalisierung den CIO in Zukunft auch zu einem Anwärter für die CEO-Rolle?

DW: Die Frage ist, ob der CIO das will. Das sind oft sehr unterschiedliche Charaktere, es ist nicht in erster Linie eine Frage von Fähigkeiten. Das Herz des CIO schlägt doch stark für die Technologie, sonst wäre er nicht CIO geworden. Aber auf jeden Fall bringt die Aufgabe, die Verbindung zwischen der Ideenschmiede und dem Tech-Inkubator zu schaffen, den CIO näher an die Themen des CEO heran. Er kennt in der Regel das Geschäftsmodell seines Unternehmens – aber nicht in allen Fällen die relevanten Geschäftsprozesse. Das wird in den kommenden Jahren sicher anders werden. Der CIO muss künftig ein grundlegendes Verständnis der zentralen Geschäftsprozesse und Use Cases mit der Kenntnis der dafür notwendigen Technologie kombinieren, und das sowohl für die bereits existierenden als auch für die künftigen Geschäfts- und Betriebsmodelle. Dann kann er seine Rolle als Mentor und Orchestrator souverän ausfüllen sowie sein Team und Netzwerk optimal auf die neuen Zielsetzungen ausrichten. Darin liegen sehr viele spannende Chancen – und genau das ist es, was die meisten CIOs motiviert.


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Anna Reitinger

Anna Reitinger

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